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Jammerfreie Zone? Ich bin dabei, aber.....

Jammerfreie Zone? Ich bin dabei, aber.....

Jammerfreie Zone? Ich bin dabei, aber....

Vom Jammern und von Bedürfnissen

Im Moment mache ich bei der kostenlosen und sehr empfehlenswerten 21-Tage-Challenge des Businesscoaches Karin Wess mit. Hier gibt es für Unternehmer jeden Tag eine Aufgabe per E-Mail. Die heutige Aufgabe ist es, 7 Tage lang nicht zu jammern. Das hört sich doch erst einmal gut an. Eigentlich ist Jammern auf den ersten Blick doch etwas, das uns bei uns selbst und anderen nervt und kein Stück weiterbringt. Der Aufruf von Karin hat mich direkt angeregt, mich mal mit dem Jammern zu beschäftigen.

Als Definition des Wortes habe ich im Internet das Folgende gefunden „sich weinerlich (und traurig) beschweren, wehklagen". Okay, das hört sich wirklich nicht so toll und angenehm an - Das Wort „Jammern“ ist also definitiv -wie schon vermutet- rein negativ besetzt!

Als Mediatorin kann ich allenfalls den Vorsatz des Nichtjammerns für mich selbst fassen, denn meine Kunden kommen zu mir mit einem Problem, einem Konflikt, der sie so stark belastet, dass sie einen neutralen Dritten um Hilfe bitten.

 Zu Beginn der ersten Sitzung frage ich meine Medianten immer „Warum sind Sie hier? Was führt Sie zu mir?“ Dann bekomme ich von jedem Beteiligten erst einmal ausführlich die Situation geschildert, teilweise sachlich – Je belastender das Ganze ist, wird natürlich auch gejammert, das Leid geklagt, sich über das Gegenüber beschwert, geweint, gezetert usw. Da kann ich natürlich nicht sagen „Na jetzt jammern Sie aber mal nicht rum!“ Ganz im Gegenteil: Genervt bin ich als Mediatorin vom Jammern definitiv nicht, denn es ist ja mein Wunsch, den Menschen weiterzuhelfen und sie aus der belastenden Situation herauszuführen – Und dazu braucht es manchmal auch das Jammern. Daher unterdrücke ich das Jammern meiner Kunden nicht, sondern höre zu und frage nach.

Das Jammern hilft mir dabei, zu erspüren, was die Bedürfnisse der Beteiligten sind, was das Problem ist, das hinter dem ganzen Konflikt steckt. Nur wenn wir das gemeinsam herausgefunden haben, können wir eine Lösung finden, die diese Bedürfnisse auch berücksichtigt -Eine Lösung mit der die Beteiligten dann auch dauerhaft zufrieden sind.

Ich frage im weiteren Verlauf der Mediation immer wieder nach, was hinter den Positionen meiner Klienten steckt: „Warum ist ihnen das so wichtig?“ Wenn sich etwa der eine Partner beschwert und darüber wütend ist, dass der andere jeden Abend Fernsehen schaut, kann ein Nachfragen z.B. ergeben, dass der Jammernde sich nach mehr Liebe und Aufmerksamkeit, mehr Verbundenheit und Innigkeit in der Partnerschaft oder ähnlichem sehnt. Zuerst sieht man nur den nervig „rumjammernden Partner“, aber fragt man nach, ist da ein Mensch mit einem dringendem Bedürfnis und Wunsch. Dann kommt einem das Ganze schon wieder wesentlich weniger „nervig“ vor. Durch dieses Nachfragen und Erfahren der Bedürfnisse im Mediationsverfahren bewegt sich oft ganz viel. Das Gegenüber ist dann manchmal ganz erstaunt, was hinter dem Gejammer und Gemecker des Anderen wirklich steckt. In der Mediation müssen wir dann schauen, wie eine Lösung aussieht, die möglichst die Bedürfnisse aller umfangreich berücksichtigt. Das Jammern, Leidklagen, Meckern usw. ist also ganz wichtig auf dem Weg zu einer Lösung, die zufrieden und glücklich macht – mit der man entspannt leben kann.

Um das auf Alltagssituationen zu übertragen: Im ersten Moment hört es sich gut an, auf das Jammern zu verzichten und sich anzugewöhnen, es zu unterdrücken – Denn ich gebe zu, das Jammern selbst führt uns nicht weiter. Es führt zu keiner Lösung sondern allenfalls dazu, dass unsere Freunde und Familie genervt sind. Aber ich bin der Meinung, dass ein zweiter und wichtiger Schritt erforderlich ist, das reine Verzichten auf das Jammern kann keine Lösung sein. Erforderlich ist vielmehr die Frage, warum wir das Bedürfnis haben, über etwas Bestimmtes zu jammern. Was genau steckt dahinter. Wenn Sie z.B. darüber jammern, dass Ihre Familie so viel Dreck in der Wohnung macht, geht das Gejammer bei den Familienmitgliedern nicht selten zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr raus. Sie jammern, die Familie ist darüber genervt und die Situation ändert sich nicht. Im Gegenteil, vielleicht wird die Stimmung immer schlechter, da es Sie frustriert, dass Ihr Partner und die Kinder nicht auf das Jammern reagieren. Wir sehen also, das reine Jammern scheint wirklich relativ sinnlos zu sein.

Wenn wir aber einen Schritt weitergehen, kann der Impuls des Jammerns vielleicht doch zu etwas gut sein: Wenn Sie also das nächste Mal das Bedürfnis haben zu Jammern, dann forschen Sie doch mal nach: Was steckt dahinter? Was ist hier Ihr konkretes Bedürfnis, das in der konkreten Situation nicht erfüllt wird? Woher kommt der Drang zu Jammern?

Um bei dem Beispiel mit dem Dreck in der Wohnung zu bleiben könnte hinter dem Jammern eine Überforderung durch zu viele Aufgaben und der Wunsch nach Entspannung liegen, oder der Wunsch, dass Ihre Familie Ihre Hausarbeit nicht mit Füßen tritt, sondern wertschätzt. Spielen Sie Detektiv und forschen Sie nach „Warum reagiere ich so allergisch darauf? Warum nervt mich das Ganze so?“ Wenn Sie hierauf Antworten gefunden haben, sind sie einen ganzen Schritt weiter. Dann können Sie sich mit Ihrer Familie nämlich in aller Ruhe zusammensetzen und über Ihre Bedürfnisse und darüber, wie sie berücksichtigt werden können, sprechen. Und ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung als Mediatorin garantieren: Auf ein Gespräch, in dem einer der Beteiligten darüber spricht, was in ihm vorgeht, was ihn bedrückt, was er sich wünscht, reagiert das Gegenüber mit Sicherheit wesentlich empfänglicher als auf reines Jammern.

Wer weiß, vielleicht findet sich in einer Familienrunde ja die passende Lösung für das Problem, und die Kinder und Ihr Partner sind z.B. bereit, bei einem Putzplan und dessen Umsetzung mitzuwirken. Der Lösungsvielfalt sind keine Grenzen gesetzt, die Lösungen sind – auch in der Mediation – so individuell wie die Familien.

Mein Fazit lautet also: Jammerfreie Zone? Okay ich bin dabei, aber ein zweiter Schritt ist erforderlich – Das Hinterfragen der Bedürfnisse hinter dem Impuls zu Jammern! Das Jammern darf unterdrückt werden, das Bedürfnis, das dahinter steckt, nicht! Wer macht mit?

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung und freue mich riesig über Kommentare und Anregungen unter diesem Artikel.

Falls Sie nach dem Herausfinden Ihrer Bedürfnisse unsicher sein sollten, wie Sie diese wirkungsvoll und friedlich ansprechen können, empfehle ich Ihnen meine 15 kostenlosen Tipps für entspannteres Streiten, die Sie sich durch Eintragen in der rechten Spalte ganz oben sichern können. 

Herzlichst,

Ihre Christina Wenz


Kommentare (12)

  1. Andrea Zimmermann:
    Oct 28, 2015 at 01:30 PM

    Liebe Christina, ein toller Artikel. Erinnert mich vom Ansatz her sehr an gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Ich würde bei den Bedürfnissen sogar noch einen Schritt weitergehen. Was steht hinter meinem Bedürfniss? Das Bedürfniss, gesehen und wertgeschätzt zu werden? Und als nächsten Schritt, was kann ich tun, um mir selber diese Wertschätzung zukommen zu lassen?

  2. Manuela:
    Oct 28, 2015 at 01:41 PM

    Liebe Christina!
    Vielen Dank für Deine wertvolle Ergänzung! Bei darf am Anfang auch gejammert werden. Später aber nur noch, wenn dabei "geklopft" wird ;-)
    Herzleichte Grüße
    Manuela

  3. Christina Wenz :
    Oct 28, 2015 at 01:41 PM

    Liebe Andrea, herzlichen Dank für Deinen Kommentar und das Kompliment! :-) Das ist eine super Anregung: Zu schauen, wie und ob ich mir ein Bedürfnis selbst erfüllen kann, macht auch ganz viel Sinn! Klasse! Herzliche Grüße, Christina Wenz

  4. Christina Wenz :
    Oct 28, 2015 at 01:45 PM

    Liebe Manuela, ich freue mich riesig über Deinen Kommentar, herzlichen Dank dafür. Stell Dir mal vor, wir würden unseren Kunden zu Beginn sagen "Jetzt wird aber mal nicht gejammert!" ;-). Da kämen wir keinen Schritt weiter :-). Jammern darf eben auch mal sein - Später sollte es auch bei der Mediation dann auch eher um die Lösung bzw. das Bedürfnis hinter dem Jammern als ums Jammern selbst gehen. Liebe Grüße, Christina

  5. Jana:
    Oct 28, 2015 at 02:31 PM

    Liebe Christina,

    Jammerfreie Zone finde ich super und die Aufgabe der Tages - Challenge (an der ich auch teilnehme ;-)) ist nicht ohne. Klar zieht uns das Jammern in die falsche Richtung, aber manchmal tut es eben auch einfach nur gut. Das Wichtigste ist, da eben nicht stecken zu bleiben, sondern weiter positiv nach vorne zu schauen. Da kann ein Blick auf die Bedürfnisse (erfüllt / unerfüllt) sehr hilfreich sein.

    Danke für deine Gedanken.
    Mit sonnigen Grüßen
    Jana

  6. Christina Wenz :
    Oct 28, 2015 at 02:35 PM

    Liebe Jana, herzlichen Dank für Deinen Kommentar, über den ich mich sehr gefreut habe :-). Ja, manchmal muss Jammern einfach sein ;-). Karin´s Challenge ist einfach toll, klasse, dass Du auch dabei bist! :-) Liebe Grüße, Christina Wenz

  7. Eva:
    Oct 28, 2015 at 04:44 PM

    Liebe Christina,
    ein sehr gelungener Artikel, aus dem ich einiges mitnehmen konnte! "Jammern mit Kopf " sozusagen.
    Danke!

  8. Christina Wenz :
    Oct 28, 2015 at 04:57 PM

    Liebe Eva, herzlichen Dank für Deine Nachricht und das tolle Kompliment. Ich freue mich immer riesig, wenn ich höre, dass meine Leser von den Beiträgen profitieren :-). Liebe Grüße, Christina Wenz

  9. Detlev:
    Oct 30, 2015 at 09:06 AM

    Liebe Christina,
    mal wieder ein toller Artikel von dir, mit einem wichtigen Thema, welches gerade in unserer Gesellschaft weit verbreitet ist. Das "Jammern" gehört ja irgendwie schon uns Deutschen! Jammern, als Ausdruck eines seelischen Leids, ist vollkommen in Ordnung und sehr wichtig und bringt unsere Bedürfnisse nach außen. Wenn das Jammern zum Meckern wird und als Ventil für die eigenen Unzulänglichkeiten missbraucht wird, erfüllt es nur noch negative Aspekte des Lebens. Das hast du in deinem Artikel sehr gut beschrieben. Wir sollten anfangen, bei uns zu bleiben und nicht auf unser Gegenüber zu projizieren.
    Mein Motto lautet:
    >Wir sollten für uns der wichtigste Mensch im Leben sein, aber, uns nicht so wichtig nehmen<
    Wenn wir uns im Inneren verändern, verändern wir die Welt im Außen!
    Herzliche Grüße
    Detlev Leonhard

  10. Christina Wenz:
    Oct 30, 2015 at 09:25 AM

    Lieber Detlev, herzlichen Dank für Deinen Kommentar und das tolle Kompliment, ich habe mich sehr darüber gefreut! Dein Motto finde ich super! :-) Ich bin auch der Meinung, dass in Blick in unser Inneres und nicht nur auf das Außen und den Anderen immer viel bringt! Herzliche Grüße, Christina

  11. Elisabeth:
    Mar 09, 2016 at 11:44 AM

    Liebe Christina,

    ich war vor einem Jahr schon dabei und das ist jetzt eine sehr schöne Erinnerung daran! :-)
    Auch dass immer wieder mal einer jammerfreien Zone Platz eingeräumt werden darf ;-)

    Und: Dass es mit Humor und Freude am Leben leichter geht. Aber ich weiß, dass all das auch einiges an Übung braucht und manche von uns haben es gar verlernt und müssen erst den Blick frei bekommen, damit sie es sehen...

    Viel Erfolg und viel Freude, jetzt und jeden Tag! :-)
    http://www.ornauer.at/lebensfreude-blog/2015/04/23/gelassenheit-statt-raunzen/

    Herzliche Grüße zu dir
    Elisabeth

  12. Christina Wenz :
    Mar 09, 2016 at 12:15 PM

    Liebe Elisabeth, herzlichen Dank für Deinen Kommentar, ich habe mich sehr darüber gefreut! :-) Ich wünsche Dir noch eine ganz tolle und inspirierende Challengezeit! Liebe Grüße, Christina


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Mediation Christina Wenz

Christina Wenz ist Mediatorin, Volljuristin und systemischer Coach. Nach langjähriger Tätigkeit im Notariat und in Führungspositionen an Universitäten ist sie in eigener Mediationskanzlei sowie als Coach tätig. Sie hilft ihren Kunden dabei, sich aus schwierigen Konflikt- und Lebenssituationen zu befreien und damit wieder mehr Wohlbefinden, Klarheit und ein entspannteres Leben zu erlangen.

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